Rede der Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen zum nachlesen.

Sehr geehrte Damen,---sehr geehrte Damen und Herren,
Herzlich willkommen!
Ich freue mich sehr, heute als Vertreterin des ausrichtenden Verbandes der ARBEITSGEMEINSCHAFT SOZIALDEMOKRATISCHER FRAUEN „guten Abend“ sagen zu dürfen.

Sie wissen, dass die Ausrichtung und die inhaltliche Gestaltung dieses traditionellen Neujahrsempfangs reihum in der Weise vergeben wird, dass jedem Verband einmal diese Ehre zuteilwird.

Wir, die sozialdemokratischen Frauen haben uns die Ausrichtung zu Beginn dieses Jahres 2013 sehr gewünscht,

• weil sich in diesem Jahr am 23. Mai die Gründung unserer Partei zum 150. Mal jährt. - Wir sind stolz auf dieses Datum

• weil unser Gründungsmitglied Rosa Helfers vor genau 105 Jahren zu unserer Partei gestoßen ist – darauf, dass wir hierauf ganz besonders stolz sind, kommen wir heute Abend noch mehrfach zurück

Meine Damen, meine Damen und Herren, ich merke gerade, ich habe meine Begründungen eben aus aktueller Gewohnheit zwei Mal mit „Weil“ beginnen lassen, es soll nicht wieder vorkommen. …. Es soll uns heute vor allem um die Gemein-samkeiten der Hamelner Frauenverbände gehen, nicht um durchaus vorhandene Konkurrenzsituationen.

Und - wenn ich eingangs gesagt habe, dass die Sozialdemokratie in diesem Mai 150 Jahre alt wird, so ist dies ja bei weitem nicht etwa die Geschichte von 150 Jahren sozialdemokratischer Frauenarbeit.

Nein, ganz im Gegenteil: Die, die sich– zumindest damals – für die Herren der Schöpfung hielten, haben den Frauen zu Beginn jegliche Teilhabe an gesellschaftlichen oder gar politischen Abläufen verwehrt. Wie auch sonst in der Gesellschaft kamen auch unsere sozialdemokratischen Altvorderen gar nicht auf die Idee, Frauen könnten – oder schlimmer: - Frauen sollten - eigene gesellschaftliche Entscheidungen treffen.

Als Ferdinand Lassalle am 23. Mai 1863 den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein gründete war an eine Mitgliedschaft von Frauen nicht einmal zu denken. Das gleiche galt für den zweiten Vorläufer, die Sozialdemokratische Arbeiterpartei unserer Urväter August Bebel und Wilhelm Liebknecht.

Nein, Frauen hatten den Männern den Rücken frei zu halten und für Küche und Kinder zu sorgen. Für das heute übliche dritte K – die Kirche hatten unsere männlichen Ahnen, allerdings aus ganz anderen Gründen, nicht so viel übrig.

Lassen Sie mich bitte meine Ansprache an dieser Stelle unterbrechen. Ich möchte Ihnen das junge Theater Beber „didel, dadel, dum“vorstellen. „Didel dadel dum“ gibt Ihnen jetzt eine Kostprobe aus dem Theaterstück über unsere Gründungsfrau Rosa Helfers, das sie zu unserem 150 ten Geburtstag am 23. Mai 2013 im Theater Hameln im Rahmen eines Festaktes aufführen werden.

Meine Damen, meine Damen und Herren, diese Rosa Helfers war eine treibende Kraft unter den Mitbegründerinnen unserer Hamelner Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen.

Rosa Helfers war im Jahre 1908 mit männlichem Pseudonym in die SPD eingetreten. Sie war von 1919 bis 1928 Stadtverordnete in der Stadt Hameln und von 1921 bis 1933 Mitglied des Preußischen Landtages. Sie wurde 1935 verhaftet und zog sich im „Arbeitserziehungslager“ Buchholz ein Nierenleiden zu. Rosa Helfers war 1945 dabei als einige unerschrockene Sozialdemokraten die SPD in Hameln wieder aufbauten und war 1946 Mitglied des ernannten Hannoverschen Landtages und anschließend des ernannten Niedersächsischen Landtages. Selbstverständlich gehörte sie auch dem ersten gewählten Niedersächsischen Landtag an.

Insbesondere war sie aber eine der Vorkämpferinnen des 1919 eingeführten deutschen Frauenwahlrechtes, zusammen z.B. mit Marie Juchacz, die als erste weibliche Abgeordneten, eine Rede im Deutschen Reichstag hielt.

Diese Rede, die mit „meine Herren und Damen“ begann gehört heute zu den meist beachteten Redebeiträgen des deutschen Parlamentarismus. Die Einleitung „meine Herren und Damen“ sorgte damals laut Protokoll übrigens für „Heiterkeit“, sie hat in dieser Beziehung bis heute nichts eingebüßt.

Wenn ich diese Rede hier erwähne, dann geschieht dies auch deswegen, weil sie einerseits einen tiefen Einblick in die Entwicklung von Frauen in der damaligen Gesellschaft gibt und andererseits in vielen Aspekten nichts von ihrer Aktualität verloren hat.

Marie Juchacz führte aus, dass man durch die politische Gleichstellung der Frauen „erst jetzt von der Souveränität des ganzen Volkes sprechen“ könne. Sie zeichnete vor, dass es noch ein sehr langer Weg sein würde, bis eine wirkliche Gleichberechtigung der Frauen erreicht sein würde.

Wir haben diesen Raum mit historischen Fahnen, die teilweise noch aus der Gründerzeit unserer Partei stammen, geschmückt. Diese Fahnen sind liebevoll gepflegt und teilweise liebevoll restauriert. Sie sind in ihrer wechselvollen Geschichte teilweise stolz gezeigt worden, teilweise aber auch unter Gefahr von Gesundheit und Leben vor dem Zugriff der Herrschenden – insbesondere in der Zeit von 1933 bis 1945 - bewahrt worden.

Auch sie geben heute, so wie sie da hängen, ein bisschen vom Zustand des aktuellen Frauen-Verständnisses in unserer Partei wieder. ---- Wenn ich also von „restaurieren“ ge-sprochen habe, so waren es überwiegend die heutigen Frauen in der SPD – ich darf hier einmal unseren traditionellen Begriff „Genossinnen“ verwenden – die für dieses Restaurieren verantwortlich zeichneten. - Als wir, die gleichen heutigen SPD-Frauen allerdings bei unseren SPD - Ortsvereinen darum baten, dieses Fahnen für den heutigen Abend ausleihen zu dürfen, da hörten wir tatsächlich hier und da von den amtierenden Männern durchaus deutliche Zweifel, ob wir Frauen mit diesen unersetzlichen Fahnen auch verantwortungsbewusst umzugehen wüssten.....

Ja meine Damen, meine Damen und Herren, Rosa Helfers ist ausgesprochen aktuell und ich bin sicher, dass das nicht nur in meiner Partei so ist.

Aber zurück zu Marie Juchacz:
Ein Absatz, der mir in ihrer Rede besonders gefällt, lautet:

Aber damit begeben wir uns nun keinesfalls des Rechts, anders geartete Menschen, weibliche Menschen zu sein. Es wird uns nicht einfallen, unser Frauentum zu verleugnen, weil wir in die politische Arena getreten sind und für die Rechte des Volkes mitkämpfen. Kein Punkt des neuen Regierungsprogramms ist da, an dem wir sozialdemokratischen Frauen ohne Interesse wären.

Heute würden wir wohl sagen: Wir wollen und werden an allen Punkten mitarbeiten und mit entscheiden. Wir werden uns dazu aber weder verstellen noch Mitglied eurer bisherigen Männer-WG werden.

Es war die Zeit nach dem ersten Weltkrieg und davor die Zeit der Sozialistengesetze, in der, wie Marie Juchacz sagte, nicht einmal ein sozialdemokratischer Nachtwächter angestellt werden konnte.

Nun - die Tatsache, dass wir alle uns hier heute treffen, zeigt mir jedenfalls, dass wir schon große Schritte hinter uns gebracht haben. Ich freue mich darüber, dass hier heute, wie jedes Jahr, Frauen zusammen finden, die sich aus den verschiedensten Gründen organisiert haben.

Das sind kirchlich konfessionelle Gründe, Gründe, die in der gegenseitigen Unterstützung zu suchen sind, wie das Frauenhaus oder der Kinderschutzbund, das sind Unternehmerinnen, das sind Frauen, die die kulturelle Zusammenarbeit suchen, das sind die Frauenorganisationen der politischen Parteien und … ich hoffe, ich habe niemanden vergessen.

Über die ausrichtenden sozialdemokratischen Frauen habe ich Ihnen wenig zur Organisation und Struktur, aber viel über unsere Gedankenansätze erzählt.

Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Abend und einen guten Start in das neue Jahr 2013.

Eine Bitte zum Schluss habe ich aber noch, weil sie mir ein inniges Anliegen ist:

Am kommenden Sonntag ist Landtagswahl! Ganz egal, wo Sie selbst sich politisch sehen und wem immer Sie politisch zuneigen: Gehen Sie wählen, ermuntern Sie Ihre Bekannten, wählen zu gehen und verschwenden Sie nicht das mühsam erkämpfte Recht, durch aktive und passive Wahl am gesellschaftlichen Geschehen Ihren Anteil zu haben.

Vielen Dank!