Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier haben sich zum Jahreswechsel mit einem Brief an die Mitglieder und Freunde der SPD gewandt.

Da sicherlich nicht alle Interessierten diesenper e-mail erhalten haben hier nocheinmal zum nachlesen.

Liebe Genossinen und Genossen, 2008 war ein bewegtes und bewegendes Jahr. Es verabschiedet sich mit vielen Fragezeichen, es hinterlässt große Aufgaben, aber auch Grund zur Zuversicht für die kommende Zeit. Und dazu schreiben wir Euch zum Abschluss dieses Jahres diesen Brief.

2009 entscheidet sich viel. Die Zeit ist reif für die sozialdemokratische Idee. Das ist eine Idee, die weit über Parteigrenzen hinaus geht. Eine Bewegung, die viele Menschen erreicht. Angesichts der Fundamentalkrise des Kapitalismus fühlen die Menschen: Der Marktradikalismus ist gescheitert. Die sozialdemokratische Antwort ist die richtige. Wir haben die große Chance. Mit dem Sozialen und mit dem Demokratischen. Aber wir müssen zeigen, dass wir das Original sind. Wir sind die, die • den Primat der Politik wollen, also demokratisch legitimierte Macht, aber auch die Verantwortung, • die Rolle des demokratischen Staates bejahen, • für Sozialstaat, soziale Marktwirtschaft und Sozialpartnerschaft streiten (und zwar nicht erst heute), • Wohlstand wollen für alle und dazu ist soziale Gerechtigkeit unverzichtbar. Die Sozialdemokratie ist der Motor dieser Koalition. Und das wird so bleiben bis in den Sommer 2009 hinein. Denn das sind wir den Menschen in unserem Lande schuldig: Verantwortlich Politik machen. In schwieriger Zeit – und die Sturmwelle kommt erst noch – Arbeit sichern und schaffen und die Finanzwelt so ordnen, dass dauerhaft ökonomische Prosperität möglich wird. Dazu gehört, dass wir über die Sicherung der Spareinlagen und den Bankenschutzschirm hinaus Impulse geben für den Arbeitsmarkt. Dass wir im menschenmöglichen Maß Sicherheit schaffen und dazu Arbeitslosigkeit vorbeugen und bekämpfen – das ist die wichtigste Aufgabe dieser Zeit. Und das so, dass die Ziele eines optimalen Bildungswesens und einer ökologischen Nachhaltigkeit nicht konterkariert werden, möglichst sogar beflügelt. Im Januar legt Deutschland noch einmal eine gute Schippe Innovation und Investition drauf. Darauf dringen wir Sozialdemokraten. Aber dann kommt bald der Wahlkampf. In Hessen läuft er schon. Wir wünschen Thorsten Schäfer-Gümbel viel Erfolg und versuchen ihm zu helfen. Unsere Fehler dort in 2008 machen Ministerpräsident Koch nicht schöner. Er gehört abgewählt. Wir werben in der Bundesversammlung für Gesine Schwan für den 23. Mai. Und wir unterstützen die acht Kommunalwahlen und die Europawahl am 7. Juni. Das ist ein wichtiger Tag. Wir werben für die soziale Gesellschaft vor Ort und dafür, dass Europa auch eine Sozial-Union ist. Dazu wollen wir auch Martin Schulz als einflussreichen europäischen Kommissar in Brüssel. Wir helfen Heiko Maas im Saarland, Christoph Matschie in Thüringen und Thomas Jurk in Sachsen bei ihren Landtagswahlen am 30. August und natürlich Matthias Platzeck am 27. September in Brandenburg. Am 30. August geht es darum, konservative Regierungen abzulösen. Auf dieser ganzen Strecke geht es schon immer auch und mit besonderem Nachdruck um die Bundestagswahl am 27. September. Die Konservativen und ihre Helfer versuchen uns einzureden, die Sache sei klar und wir hätten eigentlich keine Chance. Das ist Unsinn. Wir haben jetzt viele Male bewiesen, was sich in Wahlkämpfen bewegen lässt. Alles ist offen. Wir haben keine Garantie, aber die ehrliche Chance. Lasst sie uns nutzen. Das Kanzleramt ist drin. Und da wollen wir rein. Nicht, weil die Sessel dort so weich wären. Das wird 2009 folgende garantiert eine anstrengende Zeit. Aber wir können das besser als die Konservativen. Und für dieses Wahlkampfjahr 2009 bitten wir Euch heute um Eure Unterstützung. Macht mit. Der Marktradikalismus, wie er 2005 auch auf der Agenda von CDU/CSU und FDP stand, ist verantwortlich für das Finanzdesaster und seine bösen Folgen. Im Augenblick reden sie alle mit sozialdemokratischem Zungenschlag. Aber vergessen haben die das alles nicht. Und abgeschrieben schon gar nicht. Wenn sie können würden, würden sie wieder die alten Parolen anstimmen: Wettbewerb, Wettbewerb, Wettbewerb. Privatisierung, Privatisierung, Privatisierung. Macht den Staat klein. Sozial ist, was Arbeit schafft, auch wenn diese sittenwidrig niedrig bezahlt ist. Arbeitnehmerrechte sind überflüssige Bürokratie. Denn so sehen sie es wirklich. 2009 kommt es darauf an. Die Zusammenarbeit in der Koalition zur Bewältigung der Nahzeit-Folgen ist sinnvoll und unverzichtbar. Aber in der strategischen Antwort gibt es immer noch eine große Differenz: • Die soziale Marktwirtschaft, der gezügelte Kapitalismus. • Der Sozialstaat und die soziale Gesellschaft, die organisierte Solidarität, die Sicherheit gibt und Menschenwürde garantieren. • Die Sozialpartnerschaft, die die Rechte der Arbeitnehmer und die Interessen der Unternehmer zum Nutzen aller sinnvoll verknüpft. • Ein Wohlstand für alle, der möglich ist, wenn Ökonomie, Ökologie und Soziales zu einer wirkungsvollen Politik verbunden werden. Das ist die sozialdemokratische Perspektive. Und die ist mehrheitsfähig. Ruhige Feiertage und einen guten Rutsch wünschen wir Euch und ein privat und beruflich erfolgreiches Jahr 2009 Mit freundlichen Grüßen Franz Müntefering---------------------------------------------Frank-Walter Steinmeier